Der goldene Herbst neigt sich dem Ende und in der Bikerwelt trennen sich die Einwinternden von der kleineren Gruppe der Winterbiker/innen. Worauf man beim Einwintern achten sollte haben wir in diesem Artikel bereits zusammengefasst.
Der folgende Text richtet sich an all jene, die auch im Winter mit dem Bike unterwegs sind. Insbesondere in den Städten und im Flachland sind die Winter mit den Jahren immer milder geworden. So ist es inzwischen durchaus möglich, ganzjährig zu biken. Die wirklich wilden Hunde machen das sowieso schon seit Erfindung des Bikes.
Das Bike wintersicher machen
Eines vorweg. Bei Eis und Schnee auf der Straße empfehlen wir, das Zweirad stehen zu lassen. Zwar bieten manche Reifenhersteller – insbesondere für Roller – inzwischen Winterreifen an, dennoch ist die Unfallgefahr bei Winterniederschlägen hoch und jeder sollte sich selbst die Frage stellen, ob er das sich und seinem Bike wirklich antun will. Eine Winterreifenpflicht gibt es in Österreich – im Gegensatz zu Deutschland – aber nicht.
An schnee- und eisfreien Tagen hingegen, spricht nichts gegen eine Fahrt mit dem Zweirad, wenn man ein paar Dinge beachtet.
Die Sache mit dem Grip
Reifen wie auch Bremsen werden im Winter weniger (schnell) warm, es ist also auch auf trockener Fahrbahn Vorsicht geboten. Den Grip, den man von seinen Sommerausfahrten her kennt, wird man im Winter kaum erreichen. Es gilt also für Winterbiker/innen nicht nur vorausschauender zu fahren und längere Bremswege einzukalkulieren, sondern auch in den Kurven mehr auf das Vorderrad zu hören und lieber die Schräglage zu reduzieren. Zusätzlich kann man den Reifendruck um 0,2 bis 0,3 bar senken, auch das gibt mehr Grip.
Auch ist im Winter die Gefahr von Rollsplitt oder anderen „Stolperfallen“ weit höher, dessen sollte man sich immer bewusst sein.
Wenn das Bike länger in der Kälte steht, wird es wahrscheinlich auch notwendig sein, die Batterie zwischendurch aufzuladen. Dazu finden sich im Einwinterungsartikel mehr Informationen.
Vorsicht vor Streusalz
Streusalz und Feuchtigkeit sind Gift für das Motorrad. Darum gilt es, möglichst alle nicht beweglichen Teile zu konservieren. Hierfür gibt es spezielle Sprays und Wachse, die Metalle, Chrom, Lack und Kunststoff vor Korrosion und anderen Schäden schützen. Die beweglichen Teile wie Seilzüge, Kette, Bremshebel und andere freuen sich hingegen über ausreichend Schmiermittel im Winter, um auch bei tiefen Temperaturen beweglich zu bleiben. Bei warmer Witterung tut man gut daran, das Bike auch im Winter zu waschen. Das entfernt Salz und anderen Winterdreck.
Auf ausreichend Sichtbarkeit der Winterbiker/innen ist in der dunklen Jahreszeit besonders zu achten. Alle Lichter sollten am besten vor jeder (Nacht-)Fahrt kontrolliert werden. Vielleicht kann man auch die üblichen Lämpchen gegen stärkere tauschen.
Sollte sich bei tiefen Temperaturen die Dämpfung vorne zu hart anfühlen, kann man das Gabelöl durch eines mit niedrigerer Viskosität ersetzen. Niedrigere Viskosität bedeutet, dass das Öl weniger zähflüssig ist und die Gabel somit leichter eintauchen lässt.
Den Fahrer wintersicher machen
Das Motorrad ist nun startklar, fehlt noch der Fahrer/die Fahrerin.
Allem voran und jedem ans Herz zu legen sind im Winter Heizgriffe oder beheizbare Handschuhe. Denn egal wie dick man seine Hände einwickelt, die Finger frieren bei tiefen Temperaturen als erste ein. Gleichzeitig sind sie für Kuppeln und Bremsen am wichtigsten, jeder tut also gut daran, diese warm und funktionsfähig zu halten. Ob man sich für Heizgriffe oder Handschuhe entscheidet, ist Geschmackssache, erstere sind billiger, zweitere verteilen die Wärme besser, sind aber auch unhandlicher.
Nach den Händen frieren als zweites die Füße ein. Auch hierfür gibt es beheizbare Einlegesohlen, die meist aufladbar sind/mit Akkus betrieben werden.
Wenn Hände und Füße nun warm sind, bleibt der Rest des Körpers. Wie auch im täglichen Leben empfehlen wir für den Winter das Zwiebelprinzip, also mehrere Schichten übereinander. Für alles unter der speziellen Motorradjacke-/hose (also mit Protektoren, Innenfutter, etc.), kann man auch auf gängige Ski- oder Bergsportkleidung zurückgreifen, die Bedürfnisse sind hier dieselben. Insbesondere die unterste Schicht sollte aus atmungsaktiver Funktionswäsche bestehen, da z.B. Baumwolle Feuchtigkeit am Körper hält und nicht nach außen abtransportiert (was wir aber unbedingt brauchen).
Auch spezielle beheizbare Westen gibt es inzwischen am Markt, bei weniger frostigen Temperaturen ist man aber auch schon mit einer winddichten Softshellweste unter der Motorradjacke gut beraten. Wir haben diese sehr zu schätzen gelernt. Kopf, Ohren und Nase schützt unterm Helm zusätzlich eine Sturmhaube.
Es lohnt sich, in gute Kleidung und Accessoires zu investieren, denn wer schlotternd vor Kälte am Bike sitzt, tut sich meist auch mit der Konzentration sehr schwer. Und gerade im Winter rechnen Autofahrer/innen nicht mit Zweirädern und man muss doppelt und dreifach selbst mitdenken können.
Der Trend zum Zweitbike für den Winter
Wer im Winter nicht aufs Fahren verzichten, es seinem neuen Supersportler aber nicht antun möchte, der kann sich dem Trend des Winterzweitbikes anschließen. Auf dem Gebrauchtmarkt gibt es zuhauf ältere Motorräder, die noch gute Dienste verrichten können, bei denen ein wenig Dreck oder Salz aber nicht das Ende der Welt bedeutet. Im Winter braucht man weder 200 PS noch 1200 ccm, somit sind diese Zweitbikes günstig in Anschaffung und Erhaltung. Auch so mancher Roller bietet im Winter mehr Komfort und Möglichkeiten. Wer diesen prinzipiell nicht abgeneigt ist, findet vielleicht hier sein zukünftiges Winterbike.
Zu guter Letzt ein Tipp aus eigener Erfahrung. Als Winterbiker/in IMMER die Zeit nehmen, alle Knöpfe und Reißverschlüsse richtig zu schließen, Halstuch umzulegen und Sturmhaube anzuziehen. Denn selbst die zehn Minuten zum Bäcker ums Eck lassen einen bei Temperaturen um die null Grad den gefühlten Kältetod sterben, wenn es irgendwo ins Gewand hineinzieht. Also Luken dicht und rauf aufs Bike!