Der erste Eindruck des neuesten afrikanischen Zwillings den uns Philipp Kornfeld von Honda dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat, war vor allem einer – GROSS! Dieses Motorrad macht mächtig etwas her, der bullige Tank fasst knapp 25 Liter und alles an ihr scheint nach oben zu streben. Gabel, Sitzbank, Lenker, Windschild, selbst das TFT-Touchscreen Display ist wirklich…nun ja, groß. Im tiefen Sand der Namib-Wüste ist die Höhe sicher ein Vorteil. In Ermangelung geeigneter Sanddünen in Klosterneuburg und Umgebung aber, konnten wir die Africa Twin leider nur auf der Straße und nicht – wie wohl angebracht – in ihrem natürlichen Habitat ausprobieren. Die Trauer darüber hielt sich ob der Gewichtsdifferenz zwischen Fahrerin und dem doch rund 240kg schweren Bikes aber ohnehin in Grenzen. Spätestens nach einem Blick in den jüngsten Fahrbericht von Armin on Bike – der die Namib-Wüste in den Sanddünen Sardiniens mit einer Africa Twin simuliert hat – waren wir sehr froh darüber:
Ganz vorbei war es mit der Traktion dann aber nach wenigen Metern in der Düne. Es gab im Sand plötzlich kein vor und zurück mehr. […] Bei jedem Fahrversuch grub sich der Hinterreifen weiter in den Sand ein, auch Schieben war unmöglich. Es waren keine Menschen an diesem unwirklich anmutenden Ort zu sehen, von Telefonempfang ganz zu schweigen. – Armin on Bike
Drei Tage hat uns Honda die Africa Twin (mit manuellem Getriebe, nicht die Variante mit Doppelkupplungsgetriebe) zur Verfügung gestellt. Am ersten – und teilweise auch am zweiten –konnte sie primär ihre Wassertauglichkeit unter Beweis stellen, herzlichen Dank an den Wettergott. Der Regentest ist positiv ausgefallen, denn auch im strömenden Regen fühlt man sich sicher. Die Technik und alle elektronischen Helferlein halten, was sie versprechen. Zum Glück gab es am dritten Tag Sonnenschein und doch noch die Möglichkeit zu einer ausgiebigen, trockenen Ausfahrt.
Die Africa Twin kommt mit vier Fahrmodi einher, für uns persönlich gab es allerdings primär zwei. Der eine lautete „Fahren“ der andere „Stehen und Hantieren“.
Modus „Fahren“
In diesem Modus überzeugte uns das Motorrad auf ganzer Linie. Man sitzt bequem, thront über den Dingen und wird sicher nicht übersehen. Der große Zweizylinder mit 1.084 ccm und 102 PS – nicht wie bei der alten Africa Twin als V2, sondern in Reihe angeordnet – hält was er verspricht und hat ordentlich Biss. Und auch wenn wir de facto direkt von der Zero SR/S mit ihren 190 Nm am Hinterrad auf die Africa Twin gestiegen sind, hatten wir nicht das Gefühl am Stand zu kleben. Der hohe Schwerpunkt verleiht viel Schwungmasse, so dass sich Kurven auch wirklich nach Kurven anfühlen.
Einzig die Position des Blinkerschalters ist gewöhnungsbedürftig. Warum es während der Fahrt wichtiger sein soll die Menütasten für das Display zu erreichen als den Blinker ist uns schleierhaft. Die Menütasten liegen wunderbar erreichbar ganz oben auf der linken Lenkerarmatur. Darunter kommt die Hupe und erst an unterster Stelle der Blinker. Man möge es unseren kleinen Händen verzeihen, aber ohne den Lenker halb loszulassen war hier nichts zu machen. Das wurde auf Dauer etwas öde – zumal es Blinken und Kuppeln gleichzeitig verunmöglicht. Trotz dieses kleinen Mankos für kleine Hände ist die neue Africa Twin eine Reiseenduro, die nicht zu Unrecht begeistert.
Modus „Stehen und Hantieren“
Kommen wir zu dem zweiten definierten Modus „Stehen und Hantieren“. Nun ja, Fahren war uns beträchtlich lieber. Die oben schon erwähnten gut 240 kg Lebendgewicht zu Rangieren benötigte Vorausdenken. Mit der Nase bergab Richtung Randstein parken etwa, war ein Fehler. In diesem Fall war die Geländegängigkeit für das Erklimmen des Gehsteigs nach vorne sehr nützlich, bergauf Zurückschieben erwies sich als Ding der Unmöglichkeit. Die Flucht nach vorne sah wohl auch eleganter aus. Generell muss man sich bewusst sein, dass Bodenfreiheit gepaart mit viel Technik ihren Preis hat – in Kilo ausgedrückt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Honda CRF1100L Africa Twin Adventure Sports viel Spaß macht, auf der Straße und für versierte Großendurofahrer/innen sicher auch im Gelände. Von Klosterneuburg in die Namib-Wüste sind es über den Trans-Sahara Highway/N1 rund 12.000 km. Wir und natürlich auch die Africa Twin freuen uns jetzt schon auf die Fahrt zu ihrem eigentlichen Habitat, die wir bei nächster Gelegenheit antreten wollen. Vorausgesetzt natürlich, Honda zeigt sich weiterhin spendabel. 😉